Retinitis Pigmentosa: Ursachen, Symptome und Gentik
Retinitis pigmentosa (RP) ist eine seltene vererbbare Erkrankung, bei der die lichtempfindliche Netzhaut des Auges mit den Jahren langsam degeneriert. Die RP führt letztendlich zur Erblindung.
Besteht der Verdacht auf Retinitis pigmentosa, wird im Rahmen der allgemeinen Augenuntersuchungen meist eine Gesichtsfelduntersuchung durchgeführt. So wird das Ausmaß des peripheren Sehkraftverlusts bestimmt.
Es können zudem weitere Augenuntersuchungen notwendig sein. Mit ihnen wird bestimmt, ob Sie bereits nachtblind sind und ob Sie noch Farben sehen können.
Symptome der Retinitis pigmentosa
Wenn beide Augen betroffen sind, treten die ersten Anzeichen für Retinitis pigmentosa meist in der frühen Kindheit auf. Die Nachtsicht kann schlecht sein und das Sichtfeld kann sich langsam verengen.
Zu Beginn einer RP verschlechtern sich die lichtempfindlichen Zellen (Stäbchen), die für die Sehkraft bei gedämpftem Licht verantwortlich sind langsam und das Sehen bei Nacht wird schwieriger.
In späteren Stadien von Retinitis pigmentosa verbleiben nur ein kleiner Bereich der zentralen Sehkraft und ein minimales peripheres Sehen.
Es ist sehr schwierig das Ausmaß des Sehkraftverlusts vorauszusagen und ebenso, wie schnell er fortschreiten wird. Ihr Augenarzt wird den Zustand Ihrer Netzhautzellen überwachen und Tests durchführen, um zu bestimmen, wie gut Sie sehen können.
Irgendwann wird man Ihnen raten nur noch tagsüber Auto zu fahren und nachts, wenn überhaupt, nur noch auf gut beleuchteten Straßen. Schließlich werden Sie gar nicht mehr Auto fahren können.
Was verursacht eine Retinitis pigmentosa?
Retinitis pigmentosa wird nicht als Einzelerkrankung angesehen, sondern gehört zu einer Gruppe von Krankheiten, die sich auf die Funktion der lichtempfindlichen Zellen im Augenhintergrund auswirken. Es ist nicht viel über die Ursachen von Retinitis pigmentosa bekannt. Man weiß allerdings, dass die Erkrankung vererbt wird.
Die Augenerkrankung wird mit mindestens 32 verschiedenen Genen in Zusammenhang gebracht. Diese kontrollieren Merkmale, die auf verschiedene Arten weitervererbt werden. Manchmal ist das genetische Merkmal dominant und wird sehr wahrscheinlich an ein Kind weitergegeben, wenn ein Elternteil unter RP leidet. Manchmal ist das Merkmal für Retinitis pigmentosa jedoch rezessiv und kann über viele Generationen hinweg im Erbgut vorhanden sein, ohne dass die Krankheit bei einem Familienmitglied auftritt.
Auch, wenn Ihre Eltern nicht unter Retinitis pigmentosa leiden, können Sie die Augenerkrankung trotzdem bekommen. Es reicht, dass ein Elternteil ein verändertes Gen mit dem entsprechenden Merkmal trägt. Tatsächlich gilt etwa 1 Prozent der Bevölkerung als Träger genetischer Tendenzen für Retinitis pigmentosa.
Man schätzt, dass derzeit etwa 3 Millionen Menschen weltweit an Retinitis pigmentosa leiden. Wenn das Merkmal dominant ist, zeigt es sich eher bei Menschen ab 40 Jahren. Wenn das Merkmal rezessiv ist, tritt es gewöhnlich bei Menschen ab 20 Jahren auf.
Behandlung von RP
Derzeit gibt es für Retinitis pigmentosa keine Heilung.
Mehrere Firmen entwickeln Netzhautimplantate (auch „bionische Augen“ genannt)und weitere innovative Behandlungsformen. Diese scheinen für den Erhalt der Sehkraft vielversprechend zu sein.
Argus II Retinal Prosthesis System. Die Firma Second Sight Medical Products hat das sogenannte Argus II Retinal Prosthesis System für Patienten entwickelt, die durch Retinitis pigmentosa und andere degenerative Netzhauterkrankungen erblindet sind.
Das Argus II-System enthält eine winzige Videokamera, die in eine spezielle Korrektionsbrille eingebaut ist. Die Kamera ist mit einem kleinen drahtlosen Gerät verbunden, das vom Patienten getragen wird. Der Kamerainput wird in elektronische Signale umwandelt, die an das Implantat im Auge übertragen werden.
Das Implantat verwendet diese Informationen, um die verbleibenden, gesunden Zellen in der Netzhaut zu stimulieren. Dabei werden visuelle Informationen vom Sehnerv an das Gehirn übermittelt, das sie als Lichtmuster wahrnimmt. Der Patient lernt diese Muster zu interpretieren, so dass er die Umrisse von Gegenständen unterscheiden kann.
In einer klinischen Studie mit 30 Menschen, die aufgrund von RP oder einer anderen Netzhauterkrankung erblindet waren und denen das Argus II-Gerät implantiert wurde, konnten alle Patienten visuelle Wahrnehmungen mit dem Argus II-Gerät erzielen. Bei vielen zeigten sich signifikante Verbesserungen in der Mobilität, wie etwa dem Folgen von Linien, dem Öffnen von Türen und Fenstern und dem Ausweichen beim Gehen.
Zwei Personen, denen das Argus II implantiert wurde, waren in der Lage, kurze Sätze zu lesen, was die Erwartungen der Forscher übertraf. Die Verbesserungen der Sehkraft blieben bei vielen Patienten während einer Nachbeobachtungszeit von mindestens zwei Jahren erhalten.
Die Retina Implant AG ist ein weiteres Unternehmen für Medizingeräte, das ein Netzhautimplantat für Menschen mit schwerem Sehkraftverlust durch Retinitis pigmentosa entwickelt.
Dazu gehöret die Implantations-Technologie der deutschen Firma Alpha IMS. Sie besteht aus einem quadratischen 3 Millimeter großen Mikrochip aus Silikon, der unterhalb der Netzhaut nahe der Makula implantiert wird. Das Implantat enthält 1500 individuelle Pixelzellen, von denen jede eine lichtempfindliche Photodiode, einen Verstärker und eine Elektrode enthält. Damit werden elektrische Signale an den Sehnerv übertragen.
Die Pixelzellen ersetzen die natürlichen Photorezeptoren der geschädigten Netzhaut. Wenn Licht auf die Photodioden im Implantat trifft, erzeugt es einen elektrischen Impuls, der via Sehnerv an den visuellen Teil des Gehirns gesendet wird.
Das lichtempfindliche Implantat kann den komplizierten visuellen Wahrnehmungsprozess, der von den natürlichen Photorezeptoren in der Netzhaut augelöst wird allerdings nicht nachbilden. Deshalb können Patienten, die das Gerät erhalten, Objekte zwar nicht scharf sehen, sie sind jedoch dazu in der Lage, Lichtquellen und physische Gegenstände zu lokalisieren, so das Unternehmen.
Ergebnisse aus klinischen Studien mit dem Alpha IMS-Implantat der Retina Implant AG zeigten, dass blinde RP-Patienten, die das Implantat erhielten, in der Lage waren, Gesichter zu erkennen und Schilder an Türen zu lesen. Andere Patienten waren in der Lage, Objekte und Gesichtsausdrücke zu erkennen sowie Wörter zu lesen und Punkte auf Würfeln zu sehen.
Elektrische Stimulationstherapie. Bei Patienten mit RP im frühen und mittleren Stadium kann die Elektrostimulationstherapie (EST) des Auges helfen, die Sehkraft zu erhalten, so die Firma Okuvision. Das deutsches Unternehmen für medizinische Geräte, wurde von der Retina Implant AG gegründet.
In einer klinischen Studie an 24 Patienten mit Retinitis pigmentosa im frühen oder mittleren Stadium zeigten Augen, die über eine winzige Elektrode geringe Mengen elektrischen Stroms an die Netzhaut erhielten, eine signifikante Verbesserung des Sichtfelds im Vergleich zu Augen, die die Stimulation nicht erhielten.
Den Forschern zufolge legt die Studie nahe, dass eine kontrollierte elektrische Stimulation der Netzhaut Wachstumsfaktoren erzeugt, die die Degeneration der Netzhaut bei RP verzögern können.
Weitere Behandlungsformen. Zu den weiteren derzeit entwickelten RP-Behandlungen gehören implantierbare Kapseln mit Medikamenten. Diese geben ihren Inhalt verzögert frei und können helfen, die Netzhautfunktion zu erhalten oder die Degeneration zu verlangsamen. Außerdem Vitamin A- und andere antioxidative Nährstofftherapien zur Reduktion von Netzhautschäden sowie Gentherapien. Hier werden normale Gene in Netzhautzellen transplantiert, um fehlende oder defekte Zellen zu ersetzen und damit die Retinitis pigmentosa aufzuhalten oder umzukehren.
Adaptive Therapie und Sehschwäche-Geräte
Eine frühzeitige Intervention mit Ergotherapie kann hilfreich sein, um die durch die RP verursachten Veränderungen im Leben zu bewältigen. In früheren Stadien des Sehverlusts kann es einfacher sein, sich an die nachlassende Sehkraft anzupassen.
Menschen mit Retinitis pigmentosa stehen darüber hinaus Sehhilfen zur Verfügung. Diese können helfen, Objekte zu Hause und am Arbeitsplatz zu vergrößern und zu beleuchten.
Seite veröffentlicht in Mittwoch, 12. Mai 2021